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Die HEIMAT DES WEINS 

8.000-JÄHRIGE DURCHGÄNGIGE GESCHICHTE DES WEINS IN GEORGIEN
 Archäologischen Forschungen zufolge pflegen die Georgier schon seit dem Altertum eine enge Beziehung zur Rebe und zum Wein. In Georgien wird für die Weinbereitung eine Amphore - georgisch Kwewri - verwendet, die einem Gefäß aus dem Neolithikum ähnlich ist; ein Beweis dafür, dass die Weinkultur der Region tief in der Geschichte verwurzelt ist und diese alte Tradi- tion gewahrt wird. Dafür ist es wichtig, dass wir nicht nur eine Episode kennen, sondern über das gesamte Bild verfügen - schon in uralten Zeiten haben die Georgier mit dem Weinbau begonnen und setzen ihn weiterhin fort. Die Erforschung der Denkmäler aus dem Neo- lithikum (6. Jahrtausend v. Chr.) auf dem Territo- rium Georgiens begann mit den Expeditionen des Simon-Dschanaschia-Museums der Georgischen Nationalen Akademie der Wissenschaften in den 1960er Jahren. Diese wurden zu unterschied- lichen Zeiten von Alexander Dschawachischwili, Otar Dschaparidse und Tamas Kiguradse geleitet. Gerade an diesen archäologischen Denkmälern wurden die ältesten Weingefäße gefunden, die der wissenschaftlichen Öffentlichkeit bereits da- mals Anlass zu der Annahme gaben, dass Geor- gien die Heimat des Weins ist.
1999 wurde in London das »Vinopolis eröffnet. Auf Initiative der Leiter der Weinkellerel Georgian Wines & Spirits (GWS) - Lewan Gat schetschiladse und Tamas Kandelaki - sowie mit Unterstützung der georgischen Botschaft wurde dort auch ein Ausstellungsbereich eingerichtet, den man »Georgien die Heimat des Weins« : nannte; anhand von Kopien der Exponate, die im Nationalmuseum Georgiens aufbewahrt sind, wurde hier die Geschichte des georgischen Weins präsentiert. Später hat der Archäologe und Mitglied der Georgischen Akademie der Wissenschaften Lewan Tschilaschwill ein Buch verfasst, das sich diesem Thema widmete. Die Annahme, dass Georgien die Heimat des Weins ist, äußerte der bekannte britische Schriftsteller Hugh Johnson in seinem Buch The Story of Wines, das 1989 erschien. Etwas später vermutete dies auch der anerkannte Forscher der Weingeschichte Patrick E. McGovern, Pro fessor an der Universität von Pennsylvania, der 1998 eine Reise durch Georgien unternommen hatte; 2003 veröffentlichte er das Buch »Ancient Wine: The Search for the Origins of Vinicultures, in dem der Kaukasus als die vermutliche Heimat des Weins erwähnt wird. Diese Vermutungen stützten sich auf die Erforschung der Traubenkerne, auf die man bei den oben erwähnten archäologischen Ausgrabungen stieß. Leider muss man jedoch eingestehen, dass diese Forschungsergebnisse international keine Anerkennung fanden, da man die Funde nicht genau zu datieren vermochte.

Ich begann mich mit der Weinthematik vertraut zu machen, als das Nationalmuseum den Auftrag erhielt, die Ausstellung im Vinopoliss zu erneuern. Seither wurde die Erforschung der Geschichte des Weins sowie die Präsentation der Forschungsergebnisse zu einer der Hauptaufgaben unseres Museums. Seit dieser Zeit wurden auch die archäologischen Ausgrabungen an den Denkmälern des Neolithikums wiederaufgenommen. An der Industrie- und Handelskammer, deren Präsident Dschemal Inaschwill war, wurde ein Fonds zur Unterstützung der Erforschung der Weinkultur gegründet, als dessen Logo man die Tamadas-Skulptur aus Wani (7. Jh. v. Chr.) wählte, die im georgischen Nationalmuseum aufbewahrt wird.  2008 besuchte Professor Patrick E. McGovern Georgien ein zweites Mal hielt einen Vortrag über die chemischen Studien und Analysen der ältesten Weine. Auch wurden verschiedene Symposien veranstaltet, die sich der Weinkultur und ihrer widmeten u. a. der »Weinamphore. Aber all das hatte eher fragmentarischen Charakter. Erst seit 2014, auf Initiative des georgischen Weinverbandes und mit Unterstützung der georgischen Regierung, stellte sich die Nationale Weinagentur Georgiens (GNWA) mit deren Vorsitzenden Lewan Dawitaschwili an die Spitze des internationalen multidisziplinären Projektes »Die Erforschung der georgischen Weinreben und Weinkultur«. An diesem haben sich neben den georgischen Wissenschaftlern auch Mitarbeiter der Universitäten von Pennsylvania, Montpellier, Mailand, Kopenhagen, Toronto, ebenso Vertreter des Weizmann-Instituts für Wissenschaften (Israel) und des Nationalinstituts für Agrarforschungen von Montpellier (INRA) beteiligt.

Im Rahmen des Projektes wurden unter der Leitung von Professor Patrick E. McGovern chemische und molekularbiologische Analysen an den in der letzten Zeit während der archäologischen Ausgrabungen an den Denkmälern des Neolithikums »Gadachrili Gora« und »Schulaweri Gora« (beide etwa 50 Kilometer südlich der georgischen Hauptstadt gelegen) entdeckten weinbezogenen Artefakten durchgeführt; an den Scherben der gefundenen Tongefäße entdeckte man Spuren organischer Säuren, die für den Weinausbau kennzeichnend sind (Weinsäure, Apfelsäure, Bernsteinsäure, Zitronensäure). Zu dem fanden sich in den Erdschichten Spuren der Weinrebe (Vitis vinifera). Die paläobotanischen Forschungen, die von den Mitarbeiterinnen des georgischen Nationalmuseums Eliso Qwawadse und Nana Rusischwili durchgeführt worden waren, haben gezeigt, dass in der Epoche des Frühneolithikums in dieser Region die Weinkultur weit verbreitet war. Die Forscher der Universität Mailand unter der Anleitung von Osvaldo Faila haben das im 6. Jahrtausend v. Chr. herrschen de Klima rekonstruiert und dadurch bewiesen, dass es in Niederkartli (Kwemo Kartli) vor 8.000 Jahren entsprechende Bedingungen für die Weinrebenkultur gegeben haben sollte; unter der Leitung von Elisabetta Boaretto wurden im Weizmann-Institut auch Laboruntersuchungen mit der C14-Methode durchgeführt, deren Ergebnisse die Datierung der Funde ermöglichten: Sie wurden auf die Jahre 6000-5800 v. Chr. datiert, d. h., sie sind 600 Jahre älter als die bis dato ältesten bekannten Weinspuren aus dem Sagros-Gebirge im Iran.

Im November 2017 veröffentlichte die US-amerikanische Fachzeitschrift »Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) den Artikel »Early Neolithic wine of Georgia in the South Caucasus« (»Frühneolithischer Wein aus Georgien im Südkaukasus), in welchem der Forschungsprozess beschrieben und von den Ergebnissen berichtet wird, die beweisen, dass die hier ansässigen Stämme bereits 6000- 5800 v. Chr., also vor 8.000 Jahren, Wein produzierten. Dem Artikel ging eine Ausstellung in der französischen Stadt Bordeaux im Weinmuseum La Cité du Vin« voraus, welches die Gastgeberrolle für die im georgischen Nationalmuseum aufbewahrten archäologischen und ethnografischen Exponate, Kopien der Artefakte und Fotografien übernahm; hier trat Georgien als erste Gastweinregion auf. Das Konzept der Ausstellung sah vor, die mit der Weinkultur zusammenhängenden Artefakte im chronologischen Schnitt zu zeigen, d. h. nicht nur die Vergangenheit, sondern die ganze Geschichte aufzuzeigen. Den Ausgangspunkt bildeten dabei die Funde aus den frühesten Anfängen des Weinbaus - also jene archäologischen Funde aus dem Neolithikum, anhand derer 8.000 Jahre georgischen Weinbaus belegt werden konnten. Schon bald wird die moderne Wissenschaft Georgien aufgrund der uralten archäologischen sowie archäobotanischen Funde mit größerer Gewissheit als die »Heimat des Weins« anerkennen. Die Wissenschaftler der Welt sind sich einig, dass die ältesten Spuren des Weinbaus auf dem Territorium Georgiens gefunden worden sind und dieser sich von hier aus später in der ganzen Welt verbreitete und einen enormen Einfluss auf die Entstehung und Entwicklung der Landwirtschaft, Völkerkulturen, Biologie, Medizin und auf die Zivilisationen im Allgemeinen hatte. Quelle: David Lordkipanize, Georgiens Geschichte in 33 Objekten, Mitteldeutscher Verlag 2018, S.28